Nach dem WM-Check der Männer gibt es heute die gleiche Frage zu den Damen Nationalteams. Wer wird Weltmeister 2017? Wie bei den Männern werden die Damen-Mannschaften und Favoritinnen anhand der gleichen Kriterien bewertet.

1. Qualität der Einzelspieler

An erster Stelle ist natürlich auf besonders starke Spieler der Mannschaften zu schauen. Wie viel Turniererfahrung bringen die einzelnen Spieler mit, welche Titel haben sie bisher errungen und wie hoch sind ihre technischen Fertigkeiten am Tisch? Besonders an der WM ist zudem das Multitable-Format. Die Mannschaften wählen sich also einen Heimtisch und bestreiten die Spiele abwechselnd auf dem eigenen und dem gegnerischen Tisch. Da die Tischeigenschaften mitunter sehr verschieden sind, ist dieser Faktor nicht zu unterschätzen. Nur weil ein Spieler ein gutes Spiel auf Leonhart hat, muss das nicht heißen, dass er diese Qualität auch auf einen Bonzini oder einen Tornado übertragen kann.

2. Breite des Kaders

Ein Topspieler alleine reicht nicht, um einen Teamwettbewerb zu gewinnen. Davon kann Frederic Collignon wahrscheinlich ein Lied singen. Dafür, dass er über lange Zeit fast unumstritten als bester Spieler der Welt galt – und wahrscheinlich auch noch gilt – hat er im Vergleich zu den Individualdisziplinen wenige Titel in Teamwettbewerben errungen. Beim WM Format werden 6 Spieler aufgestellt, demnach wären 6 Top-Spieler auf ihrer Position (Torwart, Stürmer, Einzelspieler) wohl das Optimum.

3. Team-Chemie

Das Kriterium der Team-Chemie ist nicht ganz einfach zu greifen. In erster Linie geht es natürlich darum, dass sich die einzelnen Spieler auf menschlicher Ebene verstehen und auf sportlicher Ebene respektieren. Die Spieler müssen sich zu einem gewissen Grad untereinander wohlfühlen, gegenseitig kennen und daran glauben, dass sie mit diesem Team das Turnier auch gewinnen können. Dabei hilft es natürlich, wenn man regelmäßig miteinander spielt oder schon mehrfach in der gleichen Konstellation Turniere bestritten hat. Darüber hinaus verstehe ich unter diesem Punkt aber auch das Potential, dass Spieler für die Mannschaft über sich hinauswachsen.

Manche Spieler können sich besonders gut motivieren, wenn sie nicht nur für sich selbst spielen, sondern die Erwartungen und Hoffnungen eines Teams auf ihren Schultern ruhen. Wenn man den Rückhalt des eigenen Teams durch deren Anfeuerungen und physische Präsenz spürt, ist das ein besonderes Gefühl, welches den ein oder anderen Spieler sich selbst übertreffen lässt. So hat z.B. Billy Pappas, der scheinbar ab und zu an Motivationsproblemen leidet, im Nationalteam noch nie ein Spiel in der KO-Runde verloren.

Mannschaften

Kommen wir nun zu den Mannschaften, welche meiner Meinung nach zum Favoritenkreis der WM gehören.

Deutschland

Fangen wir mit dem Gastgeber Deutschland an. Der Kader besteht aus Lilly Andres, Sabine Brose, Katja Dwenger, Josefine Heber, Pia-Susanne Merbach, Maura Porrmann, Nina Schütz und Viviane Widjaja. Damit hat der Kader eine gute Mischung aus erfahrenen Turnierspielerinnen und aufstrebenden Nachwuchsspielerinnen. So haben Lilly Andres und Sabine Brose bereits bei den Siegen der Weltmeisterschaft im Jahre 2012 und 2013 jeweils eine tragende Rolle gespielt. Damit bilden sie wohl erfahrungstechnisch gesehen auch das „Rückrad“ der Mannschaft.

Andere Spielerinnen wie Katja Dwenger, Pia-Susanne Merbach und Maura Porrmann sind noch nicht ganz so lang auf den großen Bühnen des Tischfußballs bekannt. Nichtsdestotrotz beweisen sie durch konstante Leistungen auf den verschiedensten Tischmodellen, dass sie mehr als verdient in der Nationalmannschaft stehen. So muss keine Spielerin der deutschen Nationalmannschaft den internationalen Vergleich oder das gegnerische Tischmodell fürchten.

Obwohl die Spielerinnen in dieser Konstellation zum ersten Mail gemeinsam an einer Weltmeisterschaft teilnehmen, kennen sie sich aus der europäischen Turnierszene gut und habe auch schon des Öfteren miteinander gespielt. Darüber hinaus herrscht auch eine freundschaftliche und angenehme Atmosphäre innerhalb der Mannschaft. Die Situation der deutschen Damen lässt sich damit durchaus mit der der deutschen Herren vergleichen. Dort besteht auch ein guter Mix zwischen erfahrenen Nationalspielern und aufstrebenden Nachwuchskräften.

Dies lässt sich insbesondere auf die positive Entwicklung des Tischfußballsports in Deutschland zurückführen. Die Anzahl der Spieler wächst und so gehen der Nationalmannschaft nicht so schnell die Nachwuchstalente aus. Nachdem es in den Jahren 2013 und 2014 „nur“ zu Platz 3 und 4 gereicht hat, wollen unsere Damen dieses Jahr im eigenen Land wieder richtig angreifen. Aufgrund der individuellen Stärke des Kaders ist den deutschen Damen daher durchaus der Titel zuzutrauen.

Frankreich

Die französische Damenmannschaft ist wohl die konstanteste Nation bei der Weltmeisterschaft. Bei den letzten 4 Weltmeisterschaften schaffte es das Team jedes Mal unter die Top 3. Diese Serie konnten sie 2015 sogar mit dem Weltmeistertiel in Turin krönen. Der Kader besteht aus Estelle Jacquot, Anais Noel, Marine Pohl, Cindérella Poidevin, Malika Senouci, Carole le Guennec, Clémentine Thomar, Alexia Depagne und Tamara Fleurot. Estelle Jacqout ist vielleicht die stärkste Spielerin im französischen Team. Entscheidender ist jedoch, dass das gesamte Team auf zahlreiche gemeinsame Turniere und damit eine Menge Erfahrung zurückgreifen kann. Die Drucksituationen einer Weltmeisterschaft werde diese Mannschaft also eher beflügeln als zurückhalten.
Darüber hinaus zeichnet sich die französische Nationalmannschaft durch einen starken Zusammenhalt und und einen äußerst homogenen Kader aus. In der internationalen Turnierszene sind die Spielerinnen zwar nicht so aktiv wie andere Nationen, dafür können sich die französischen Damen umso mehr auf ihre Heimstärke verlassen. Diese Situation ist durchaus mit der der Nationalmannschaft bei den Männern vergleichbar. Gerade weil der Bonzini für viele Nationen bei den Damen noch schwieriger zu spielen ist, sollte man dieser Faktor auf keinen Fall unterschätzen.

Belgien

Die belgische Nationalmannschaft der Damen besteht aus Lynn Keppens, Nasja Segal, Nele Missotten, Wendy Huybrechts, Ingrid Hauben, Ellen van Onckellen, Jessica Knaepen und Regina Mandl. Damit beinhaltet sie eine ganze Reihe von Spielerinnen die insbesondere in der deutschen Turnierszene aktiv sind und dort im Damenbereich auch regelmäßig gute Platzierungen einfahren. Allerdings lassen die Erfolge der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft noch auf sich warten. Die könnte daran liegen, dass der Heimtisch Leonhart von den meisten Gegnern einfacher zu bespielen ist, als umgekehrt.
Die Spielerinnen sind allesamt schon länger gemeinsam in der Nationalmannschaft und kennen sich daher bestens. Allerdings kam es in den vergangenen Jahren teilweise zu Unstimmigkeiten zwischen den Spielerinnen, was dem Mannschaftsgefüge einen kleinen Abbruch tun könnte. Nichtsdestotrotz müssen sich die belgischen Damen aus technischer Sicht hinter keiner Nation verstecken und haben das Potential gegen jeden zu gewinnen.

Dänemark

Die dänische Nationalmannschaft der Damen hat sich in den letzten Jahren zu einem ernstzunehmenden Anwärter auf den Titel entwickelt. Insbesondere Amalie Bremer hat sich in dieser Zeit in der internationalen Tischfußballszene einen Namen gemacht. So konnte sie zusammen mit Nathalie Saltz auf der Leonhart WS 2016 den Titel im Damen Doppel gewinnen.

Doch auch der restliche Kader kann sich mit Amalie Wolff, Camilla Lohmann, Julie Monies, Louise Meilstrup-Andersen, Line Stampe Nielsen und Julie Hallas Hartvig sehen lassen. Vielleicht fehlt diesen Spielerinnen die ein Stück weit die internationale Erfahrung, jedoch haben sie insbesondere auf dem Heimtisch Bonzini ihre Stärken. Den Heimtisch würde ich auch als eine der besonderen Stärken der Mannschaft gegenüber anderen Nationen hervorheben. Der Bonzini weicht in seinen Eigenschaften wohl am stärksten von den anderen Tischen ab und sichere Punkte am Heimtisch sind bei der Weltmeisterschaft ein großer Vorteil in Richtung Titelambitionen.

Darüber ist die Mannschaft ein eingeschweißtes Team. Die dänische Kickerszene ist nicht sonderlich groß, dafür kennen und verstehen sich die Spielerinnen umso besser. Mit diesen Waffen kann Dänemark durchaus Titelambitionen anmelden. Dafür spricht nicht zuletzt der Sieg der Weltmeisterschaft 2014 in Nantes.

Österreich

Unser Nachbar Österreich hat mit Marina Tabakovic, Sophie Jobstmann, Angelika Lukschander, Karen Scheuer, Melissa Mosser, Desirée Heidenreich, Astrid Franz und Christina Ciuban ebenfalls einen starken Kader. Mit Marina Tabakovid hat das Team die amtierende Weltmeisterin im Dameneinzel in ihren Reihen, welche mit ihrer ausgezeichneten Technik wahrscheinlich auch die beste Spielerin im Östereichischen Team ist. Die anderen Spielerinnen können jedoch auch guten Tischfußball spielen und sind schon eine lange Zeit dabei.
Auch wenn es in der Vergangenheit vereinzelt Schwierigkeit mit der Teamchemie gegeben haben könnte, so ist diese Mannschaft miteinander an ihren Aufgaben und durch Turniere gewachsen. Mittlerweile sind sie daher ein eingeschworenes Team, welchesinsbesondere auf dem Heimtisch Garlando äußerst stark sind. Daher wird es für jede Nation schwer, sie zu schlagen.

Schweiz

Die Schweiz hat mit Cindy Kubiatowicz, Samantha di Paolo, Melissa Dias, Michèle Sutter, Nicole Krüsi, Dina Mettler, Divyam Ruth Täschler und Sandra Gäumann ebenfalls einen starke Kader. Besonders hervozuheben ist dabei zum einen Samantha di Paolo, die mit ihren technischen Fähigkeiten, ihrer mentalen Stärke und ihrer physischen Präsenz am Tisch schon fast so etwas wie eine Legende im Damenbereich ist. Nachem sie eine längere Pause eingelegt hatte ist sie seit letztem Jahr wieder regelmäßig auf europäischen Turnieren und konnte nahtlos an ihre guten Leistungen von voher anknüpfen. Daneben ist Cindy Kubiatowicz die erfolgreichste und konsteste Spielerin der Schweiz in den vergangenen Jahren. So konnte sie zahlreiche Mixed und Damendisziplinen gewinnen und bereitet damit auch den Männern regelmäßig Schwierigkeiten.

Das restliche Team bleibt hinter diesen beiden Stars vielleicht etwas zurück und fährt nicht so regelmäßig auf größere europäische Turniere. Allerdings können diese Spielerinnen trotzdem guten Tischfußball spielen und sollten gerade auf dem Heimtisch Garlando nicht unterschätzt werden. Manchmal ist eine solche klare Rollenverteilung innerhalb einer Mannschaft auch gut, weil dadurch der Druck von einigen Spielerinnen genommen wird und sie damit befreit aufspielen können. In jedem Fall ist die Schweiz ein starkes Team, welches auch oben mitspielen kann.
Was ist eure Meinung zu dem Thema? Wen werdet ihr diese Woche in Hamburg anfeuern?

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